Seit 1991 die einzige deutsch-ungarische Gesellschaft mit Sitz in der deutschen Hauptstadt
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Die Deutsch-Ungarische
Gesellschaft e. V. (DUG) -
eine tragfähige Brücke
zwischen den Völkern!
Die allgemeinen, für alle FORA HUNGARICA geltenden Hinweise
GRUNDSÄTZLICHES,
ZUR ENTWICKLUNG DES FORUMS HUNGARICUM,
ÜBER DIE REFERENTEN,
ORGANISATION DER FORA HUNGARICA, KOOPERATIONSPARTNER, UNTERSTÜTZER sowie
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Das FORUM HUNGARICUM III fand vom 18. bis 21. Oktober 2013 im slowakischen Teil der von der Donau geteilten Doppelstadt KOMÁRNO/Komárom/Komorn im Tagungszentrum der J. Selye Universität (Univerzita Jánosá Selyeho / Selye János Egyetem) statt.
Es stand unter der Schirmherrschaft von Herrn MUDr. Anton MAREK, dem Bürgermeister der Stadt Komárno.
Gemeinsame Veranstalter waren
die Deutsch-Ungarische Gesellschaft e. V. (DUG), Sitz Berlin, und
das Haus des Deutschen Ostens (HDO), München.
Neben der finanziellen und organisatorischen Unterstützung der vorgenannten beiden Organisationen erhielt das FORUM HUNGARICUM III eine Förderung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (StMAS), München. Ferner unterstützten dieses FORUM die J. Selye Universität, Komárno / Pädagogische Fakultät, das Forschungszentrum für Europäische Ethnologie, Komárno, sowie das Forum-Institut für Minderheitenforschung, Komárno.
Die Organisation und Leitung der Konferenz teilten sich
KIaus RETTEL (Präsident der DUG, Sitz Berlin) und
Dr. Meinolf ARENS (Historiker, HDO, München).
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FORUM HUNGARICUM III – Liste der Redner auf der festlichen Eröffnungsveranstaltung am 18. Oktober 2012 im Festsaal des Donau-Museums (Podunajské múzeum v Komárne – PODM – / Duna Menti Múzeum)
RETTEL, Klaus, (Berlin), Konferenzleiter, Präsident der DUG
ARENS, Meinolf Dr. (München), Konferenzleiter als Vertreter des HDO
NOVÁK, Vojtech Mgr. JUDr., Vizebürgermeister (Grußwort für den durch Auslandsreise verhinderten Schirmherren, Bürgermeister MUDr. Anton MAREK)
Grußworte der Vertreter der das FORUM HUNGARICUM III unterstützenden öffentlichen Einrichtungen:
ERDÉLYI, Margit Prof. PhDr. C.Sc. (Komárno), Dekanin der Pädagogischen Fakultät, J. Selye Universität
CSÜTÖRTÖKY, Jozef Ing. C.Sc. (Komárno), Direktor des Donau-Museums (Podunajské múzeum v Komárne (PODM) / Duna Menti Múzeum)
LISZKA, József Dr. habil., PhDr. PhD. (Komárno) für Károly TÓTH, den Direktor des Forum inštitút pre výskum menšín, Šamorín (Fórum Kisebbségkutató Intézet, Somorja / Forum Institut für Minderheitenforschung, Sommerein)
Festvortrag: S. E. Dr. jur. Axel HARTMANN, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Slowakei
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FORUM HUNGARICUM III – Liste der Referenten in alphabetischer Reihenfolge mit den von ihnen behandelten Themen (ohne die Referenten der Kurzvorträge auf der Busexkursion):
ARENS, Meinolf Dr. (Wien - München): Katholische Mission in der Moldau (Moldauer Csángos) und auf der Krim im 18 Jahrhundert im Kontext von Missions- und Rekatholisierungsbemühungen Roms
AUGUSTYNOWICZ, Christoph Prof. Dr. (Wien): Maximilian II. als polnischer König (1571-1576) und das Königreich Ungarn
BEHAM, Markus Peter M.A. (Wien): Gabcikovo – Nagymaros. Die unendliche Geschichte oder ist eine Lösung in Sicht?
DÁCZ, Enikö Dr. M.A. (Budapest): Internethnische Beziehungen durch drei national konnotierte Presseorgane Siebenbürgens um 1900/1930: Kronstädter Zeitung, Telegraful Roman und Ellenzék
FAZEKAS, Márta dr. PhD (Bukarest): Autonomievorstellungen der Ungarn in der Slowakei - Mitteleuropäischer Versuch im europäischen Kontext
GRUBER, Ines Bianca Dipl.Pol. (Pressath – Budapest): Die Minderheitenpolitik der ungarischen Regierungen seit 1989 gegenüber den Auslandsungarn
HAARMANN, Daniela Mag.phil. (Wien): Das Habsburgerbiild in den österreichischen und ungarischen Ländern während der franzisko-josephinischen Epoche
HENSCHEL, Frank M.A. (Leipzig): Europakonzeptionen im Spannungsfeld von Revisions- und Integrationspolitik in Ungarn
ILYÉS, Doc. Dr. PhD (Budapest): Instrumentalisierung der Vergangenheit zur Stärkung der nationalen Identität der Ungarn im südwestslowakischen Zobor-Gebiet (Nyitra)
IVANCIC, Mirjana M.A. (Budapest): Das Minderheitenrecht in der Republik Kroatien und seine Umsetzung
JUHÁSZ, Ilona L. PhD (Komárno): Interkulturelle und interkonfessionelle Beziehungen der Juden und Ungarn. Beispiele aus Komorn
KAISER, Christof (Berlin): Materielle Hinterlassenschaften der jüdischen Gemeinden in der Maramures, dem Sathmarer und dem Salajer Gebiet
KAKASHEVA, Katerina M.A. (Skopje): Die Genese des Minderheitenrechts in der Republik Mazedonien seit der interethnischen Krise von 2001
KOCSIS, Károly Prof. Dr. DSc. (Budapest): Ein geographischer Beitrag zur Vergangenheit und Gegenwart der ethnisch-territorialen Autonomien im Karpatenraum
KOLLMANN, Mónika M.A. (Budapest): Die Sathmarer Schwaben in Ungarn und Rumänien seit der Jahrtausendwende im Vergleich
KOROLEVA, Tatiana Dipl.-Jur. (München) zus. mit Ekaterina SPIRIDONOVA M.A. (München): Das Thema Minderheitenrecht in der Ukraine anhand ausgewählter Fallbeispiele
KREKOVICOVÁ, Eva Doc. PhDr. DrSc. (Bratislava): Die "komische" Figur des Rom in der folkloristischen Anekdote und im Internet
KÜHRER, Florian M.A. (Wien): Wien, Budapest, Bukarest. Die Siebenbürger Rumänen und ihr historisches Erbe im Diskus der Zwischenkriegszeit
KULHA, Pavel M.A. (Leipzig): Stadtbürgertum in Preßburg und Leutschau im 19. Jahrhundert
MÁDLY, Lajos-Lórand Dr. (Cluj): Vom Neoabsolutismus zum Dualismus. Die Jahre des siebenbürgischen Liberalismus 1860–1867
MAYER, Corinna (München): Digitale Vernetzung als Chance für Minderheiten am Beispiel der Banater Schwaben
PEKÁR, Michal Doc. PaedDr. PhD. (Kosice): Die Instrumentalisierung der "russinischen Frage" der Karpato-Ukraine auf internationalen Foren 1938/39
PETZOLDT, Silvia M.A. (Jena): Intertextuelle Bezüge im Prosawerk des siebenbürgisch-sächsischen Schriftstellers Paul Schuster (1930-2004)
SCHMIDT-SCHWEIZER, Andreas Dr. Dr. M.A. (Budapest): Deutsch-ungarische Kulturbeziehungen im Spannungsfeld der deutschen Frage (1949-1990)
SCHVARC, Michael PhDr. (Bratislava): Die Zipserdeutschen zwischen Erstem Wiener Schiedsspruch und Märzkrise 1939
SPANNENBERGER, Norbert PD Dr. (Leipzig): Die Interdependenz zwischen der ungarischen Nationalitätenpolitik und der "Sathmar-Frage"
SPIRODONOVA, Ekaterina M.A. (München) zus. mit Dipl.-Jur. Tatiana KOROLEVA (München): Das Thema Minderheitenrecht in der Ukraine anhand ausgewählter Fallbeispiele
SZARKA, László Dr. habil. PhDr. CSc. (Komárno - Budapest): Wahrnehmung und Akzeptanz der ethnischen Vielfalt in der ungarischen und slowakischen Nationsbildung 1848-1992
TAMÁS, Ágnes PhD (Szeged): Selbstbilder und gegenseitige Stereotype der Slowaken und Ungarn in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts
TÓTH, Imre Dr. habil (Sopron): Revisions- contra Nachbarschaftspolitik? Die Burgenlandfrage in den ungarisch-österreichischen Beziehungen
TRASCA, Ottmar Dr. (Cluj): Die deutsche Minderheit in Rumänien zwischen 1933 und 1940
UNGVÁRY, Krisztián Dr. (Budapest): Höhen und Tiefen des Tokajer Weinhandels vom 17. Jahrhundert bis 1918
VAIDEAN, Amelia-Liliane M.A. (Cluj): Preußisch-moldauische Beziehungen und Wahrnehmungen im späten 18. Jahrhundert
VITÁRI, Zsolt Dr. (Pécs): "Wem die Jugend gehört, dem gehört die Zukunft". Die Beziehungen der Hitler- und der Levente-Jugend
VORZSÁK, Orsolya M.A. (Miercurea-Ciuc – Budapest): Sprachliche Kulturkontakte in Siebenbürgen: Siebenbürgisch-sächsische und habsburgisch-österreichisch Einflüsse auf die Sprache der Szekler im 18. und 19. Jahrhundert
WELLMANN, László Dr. (Cluj): Die Beziehungen der Volksrepublik Rumänien zur Volksrepublik Ungarn von 1968 bis 1989
ŽIVKOVIC, Teodora M.A. (Zagreb): Die Slowaken in Kroatien und Serbien (Wojwodina) seit der Wende von 1989: Auflösung oder Neuanfang kleiner ethnischer Gruppen im südöstlichen Europa?
Liste der Leiter der Themengruppen (Panels):
Die Fülle der Referenten machte es notwendig, am Donnerstagnachmittag drei Panels jeweils parallel zueinander stattfinden zu lassen (Raum K-7 und K-8). Am Vormittag des Donnerstags und des Freitags fanden die Vorträge jeweils in einer Plenarsitzung statt (Raum K-7/PL). Für die Tagung stand das Konferenzzentrum der J. Selye Universität in Komárno zur Verfügung.
ARENS, Meinolf Dr. (Wien – München): a) Nationale Minderheiten im Donau-Karpatenraum in Krisensituationen des 20. Jahrhunderts aus vergleichender Perspektive (Panel B 1 / K-8)
b) Aktuelle Fragen zur Situation ethnischer und religiöser Minderheiten im östlichen Europa (Panel A 2 / K-7)
AUGUSTYNOWICZ, Christoph Prof. Dr. (Wien): Ideologische Verwerfungen im östlichen Europa im 20. Jahrhundert und ihre Folgen (Panel A 1 / K-7)
LISZKA, József, Dr. habil. PhDr. PhD (Komárno): Die Slowakei: eine multi-ethnische Region vom 19. bis 21. Jahrhundert in historischer und ethnologischer Sicht (K-7/PL)
RETTEL, Klaus (Berlin): a) Regionale Lebenswelten im Umbruch (Panel B 2 / K-8)
b) Identitäten im Umbruch. Das Königreich Ungarn und Siebenbürgen im 19. und frühen 20. Jahrhundert (Panel B 3 / K-8)
SPANNENBERGER, Norbert PD Dr. (Leipzig): Ungarn und seine Nachbarn in der Zwischenkriegszeit (K-7/PL)
SZARKA, László Dr. habil PhDr. CSc. (Komárno - Budapest): Frühneuzeitliche Interferenzen (Panel A 3 / K-7)
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GRUSSANSPRACHE von Dr. rer. nat. Jaroslav ŠONKA, dem Direktor des European Shoah Legacy Institutes, Prag, und dortselbst Publizist und Dozent an der Karls-Universität, früher Studienleiter an der Europäischen Akademie Berlin
anläßlich des FORUMS HUNGARICUM III. vom 18. bis 21. Oktober 2012 (wegen einer kurzfristigen dienstlichen Verhinderung konnte Dr. Šonka seine Grußansprache nicht persönlich vortragen; der übersandte Text wurde verlesen und ist nachstehend abgedruckt).
Jaroslav Šonka
MOSAIK
Im Juni wurde der Rahmen der Haushaltsplanung der EU ab 2014 beschlossen und ab September werden die zunächst nur grob umrissenen Kapitel mit Details ausgefüllt. Im Bereich "Europa für Bürgerinnen und Bürger" sollen diesmal auch die europäische Vergangenheit und ihre Aufarbeitung gebührend berücksichtigt werden. Doch kontroverse Debatten im Vorfeld könnten die Planung problematisch gestalten.
Nicht erst seit dem deutschen "Historikerstreit" kommen immer wieder Konflikte zwischen Opfer- und Expertengruppen vor, die auf jeweils eine der tragischen Perioden oder Ereignisse des 20. Jahrhundert Bezug nehmen. Es gibt auf unserem Kontinent auch eine geographische Verteilung der verschiedenen Einstellungen. Diese werden von der ungleichen Erfahrung abgeleitet. In manchen Gegenden sind die Erfahrungen mit den national-sozialistischen Verhältnissen prägend, woanders hat sich der Kommunismus tiefer eigeprägt. Meist wird zuerst auf die eigene Betroffenheit geschaut und die Betonung des "Eigenen" durch die vermeintliche "Gerechtigkeit" begründet.
In der Tat sind nicht immer und überall alle Ereignisse gebührend berücksichtigt. "Gebührend" heißt jedoch keineswegs, daß sie gegeneinander gestellt werden können. Geschichte hat keine konkurrierenden Perioden und keine konkurrierenden Regionen. Wir leiden in Europa jedoch an vielfachen Instrumentalisierungen der Erinnerung, und wir leiden an unseren jeweiligen tatsächlichen gegenüber den vermeintlichen Identitäten. Es entstehen Konkurrenzfiguren und Konflikte. Solide wissenschaftliche Arbeit bleibt im Hintergrund, und die Suche nach Gemeinsamkeiten ist beim Publikum, das lange durch die nationalen Narrative beeinflußt wurde, auch nicht populär.
Es ist kaum zu bestreiten, daß die jeweiligen Narrative der Staaten und Regionen Europas auch inkompatible (oder bisher inkompatible) Aspekte enthalten. Wichtig wäre es, wenn sich die Teilnehmer an Diskussionen bewußt machen würden, daß diese Aspekte nicht die Geschichte an sich sind. Vielmehr können die verschiedenen Auslegungen und Betonungen selbst Gegenstand der Forschung werden. Die vermeintlichen Konflikte sind eben ein Ergebnis der erwähnten Instrumentalisierungen. Die Untersuchung der Konflikte und eine vergleichende Perspektive sagen uns viel über unsere Gegenwart.
Ja, der Holocaust ist einmalig. Ja, die Erfahrungen der durch den Kommunismus Verfolgten wurden im europäischen Westen vielfach ignoriert. Ja, Sinti und Roma sind überall Opfer eines die Jahrhunderte beherrschenden Stereotyps. Ja, viele Mitgliedsländer der EU haben noch viel Arbeit über bei der Aufarbeitung ihrer jeweiligen Kolonialvergangenheit zu leisten. Und ja, die irrige Vorstellung, daß Nationen entflochten werden können, führte zu Vertreibungen und zahlreichen Morden. Doch alle diese Feststellungen begründen noch lange keine Konflikte, wenn sie nicht gewollt in eine Konfliktposition gebracht werden. Sie mahnen vielmehr zu einer gemeinsamen, aber zugleich toleranten Anstrengung.
Dabei ist der Weg zu einer Verständigung leicht. Man muß nur die offensichtliche Tatsache anerkennen, daß die tragischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts ein Mosaik bilden. Nicht nur Srebrenica 1995 belegt klar, daß wir – als Europäer – aus einzelnen tragischen Perioden nur selten die richtige Lehre ziehen. In Jugoslawien bestand die Erfahrung mit dem Holocaust, mit kommunistischen Massakern der Tito-Ära. Tausende Roma starben während des 2. Weltkrieges im kroatische Konzentrationslager Jasenovac, und dennoch kam es am Ende des 20. Jahrhunderts zu einem neuen Massenmord. Noch heute begegnet man in Serbien, im Kosovo, in Kroatien den abgegrenzten Narrativen. In Bosnien und Herzegowina ist es auch heute noch schwierig, ein gemeinsames Geschichtslehrbuch für alle drei Volksgruppen zusammenzutragen.
Die slowakisch-ungarischen Debatten gehören auch zum Bereich unserer Diskussionen, wo wir nicht immer wissen, ob die Aussagen wissenschaftlich oder politisch sind. Wieder ist es so, daß einige Aspekte der gemeinsamen Geschichte unterdrückt und die vermeintlichen Emanzipationsprozesse des 19. Jahrhunderts rückextrapoliert werden, um die vorangegangenen Jahrhunderte zu einem Heldennarrativ im nationalen Geist zu machen. Es ist nur zu logisch, daß Störendes beiseite geschoben wird – zum Beispiel andere Gruppen, die auch betroffen sind oder waren. Beim vorliegenden Beispiel etwa die Roma, die Juden und die Deutschen. Die effektive Ermordung der Juden (sie war sogar von Zahlungen des slowakischen Staates an die deutschen Mörder begleitet), die Verfolgung der Roma auch nach dem Krieg, die Vertreibung der Deutschen, das alles sind Schatten, die jedwede weiteren Debatten, etwa über heutige Minderheitenrechte, über Grenzen und über die Staatsangehörigkeit, in eine bescheidene Ecke verweisen sollten.
Der Blick auf das Mosaikartige der tragischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts ist demnach heterogen, aber gleichzeitig extrem lehrreich. Vergleichen bedeutet nicht gleichsetzen. Arbeiten über ähnliche und unterschiedliche Prinzipien und Ursachen unmenschlichen Handelns verwischen nichts, sondern steigern unser Verstehen der Vergangenheit. Jene, die solche Arbeit leisten, sind eigentlich Verbündete. Weil jedoch einige der Konflikte zwischen den jeweiligen "Forschungsgemeinden" tief eingeprägt sind, muß das Kapitel "Vergangenheitsreflexion" entsprechend der Mosaikkonzeption zunächst alle diese Aspekte getrennt berücksichtigen und das dann zu antizipierende Mosaikbild ohne Vorbelastung und undogmatisch erzeugen. Es ist eine Arbeitsperspektive für Jahre und Jahrzehnte.
Gemischte Bilder und vergleichende Darstellungen werden unser Verstehen der Ursachen nicht schwächen, sondern es stärken. Die katholische Kirche hat sich mit dem eigenen Antisemitismus zu befassen, aber sie kann ebenso und vielfach auf die von ihr betriebene Rettung der Juden im Dritten Reich verweisen. Und die Verfolgung von Priestern und Ordensmitgliedern durch die Nationalsozialisten ist ebenfalls ein wichtiges Kapitel der Geschichte. Jede Verrechnung wäre falsch. Denn Nationalsozialisten haben selbst in der katholischen Kirche nach ihren rassistischen Kriterien Juden gefunden. Ein Opfer dieser perversen Zuordnung – Gertrud Stein – ist erst kürzlich selig gesprochen worden.
Die Zahl solcher Unschärfen ist groß. Francos Faschismus war ein brutales System, aber Spanien war für viele deutsche Widerständler und für manche flüchtende Juden der einzige Weg zur Rettung. Und später: Die Bundesrepublik Deutschland hat bald nach dem Krieg eine ehrliche Aufarbeitung betrieben, aber doch die Nazi-Verzeichnisse über Sinti und Roma weitergeführt. Auch ein Widerspruch.
Wir dürfen nicht den gleichen (absichtlichen!) Fehler wie die Machtelite der totalitären DDR machen und Opfer einer Periode noch kategorisieren: Selbst die Renten wurden in der DDR nach Kategorien gestaffelt, und die Opfer des Holocausts befanden sich nicht in der ersten, der vorrangigsten Kategorie. Den Opfern des Holocausts, den ebenfalls vielen Opfern des Kommunismus, ja sogar den vielen mehrfach victimisierten Menschen muß geholfen werden. Und parallel zu unserer Fürsorge soll sich doch auch unser Wissen entwickeln. Aufrechnungen und Gegenrechnungen sind in diesem Zusammenhang unanständig.
Die Debatte zum Haushalt der EU für die Jahre nach 2014 muß all dies berücksichtigen. Sie muß vieles einbeziehen, und sie muß den Weg zu dem Mosaik der Geschichtsbilder des 20.Jahrhunderts öffnen. Dazu verhilft auch die Neigung der nun mit dem Nobelpreis bedachten Europäischen Union, regionale Zusammenhänge zu stärken, Mehrsprachigkeit zu fördern und manches mehr. Es sollte am "Donauknie" (und nicht nur dort, sondern in ganz Ungarn) als ein zusätzlicher positiver Impuls verstanden werden!